Kirchspiel Muldszen (Mulden)

Übersicht über das Kirchspiel

 

Lage

Das Kirchspiel Muldszen (Mulden) umfasste den nördlichen Teil des Kreises Gerdauen und war mit 40 Orten das größte Kirchspiel im Kreisgebiet. Im Norden war es eingegrenzt durch den Staatsforst mit der Oberförsterei und zwei Förstereien, eine davon im Hunderthufenwald, der dem Staatsforst angegliedert war. In westnordwestlicher Richtung grenzte der Kreis Wehlau und in ostnordöstlicher Richtung der Kreis Insterburg an das Gebiet des Kirchspiels.

Verkehr

Die Bahnstation Bokellen wurde hauptsächlich von den Bewohnern im Ostteil des Kirchspiels genutzt, während von allen anderen die Bahnstation Klein Gnie mehr in Anspruch genommen wurde, wohl auch dadurch, daß dieser Gebietsteil bis 1897 zum Kirchspiel Muldszen (Mulden) gehörte.

Wirtschaft

Viele kleinere und größere Bauern sowie einige kleinere Güter brachten mit den dazugehörigen Arbeiterfamilien das Land zum Wohlstand. Die Land- und Forstwirtschaft war die Haupterwerbsquelle, aber auch Handel und Dienstleistungen brachten Beschäftigung. Ein Sägewerk in Astrawischken (Astrau) und eine moderne Wassermühle in Werschen, aber auch einige Windmühlen gaben Arbeit und Brot. In der Aschwöne (Swine) und in der Ilme wurden für den Eigenbedarf reichlich Fische gefangen. Die Steine für den Hausbau lieferten die Ziegeleien im Nachbarbezirk Groß und Klein Gnie.

Mehrere große Gasthäuser, teils mit Sälen für Veranstaltungen, gab es in fast jedem Ort des Kirchspiels. Das Postwesen mit dem Postamt in Muldszen (Mulden) und mehreren Poststellen war ausreichend ausgebaut. Schmiede, vor allem Hufschmiede und Stellmacher sowie Sattler waren voll im Einsatz. Auch eine Drogerie sorgte für das menschliche Wohl. Ein Tischler, Schneider, Schuhmacher, Friseur und mehrere Läden verschiedener Art gab es in Muldszen (Mulden). Zum Straßenbau lieferten mehrere Kiesgruben Material aus verschiedenen Orten und zwischen Schönlinde und Ilmsdorf wurde auch Torf gestochen.

Lehrer und auch Altenteiler auf den Höfen sorgten für einen guten Imkerstand, manche mit bis zu 50 Bienenstöcken. Durch die zunehmende Milchwirtschaft wurde eine moderne Molkerei zur Milchsammelstelle in Muldszen (Mulden), wo auch guter Käse zubereitet wurde.

Viel zu tun gab es auch beim Getreidedrusch, bei Hausschlachtungen in Gemeinschaftsarbeit, beim Holzeinschlag im Winter und vieles mehr. Die Frauen des Kirchspiels waren mit Spinnen, Weben, Federnschleißen und vielen anderen Arbeiten ebenfalls voll ausgelastet.

Kirche

Im Jahre 1601 wurde Pfarrer Paul Hoffmann als erster Pfarrer in Muldszen von dem Erzpriester zu Insterburg eingeführt. Vorher kam ein Seelsorger alle zwei Wochen donnerstags von Insterburg per Pferd durch die "Große Wildnis" geritten und hielt am Sonnabend Beichte und am Sonntag Gottesdienst ab. Wahrscheinlich stand schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Muldszen eine Kapelle. Die erste Kirche wurde als einfacher Holzbau 1603 erbaut. 1808 wurde die Holzkirche durch einen Steinbau ersetzt. Der Grundriss ist ein längliches Viereck, im Westen abgeschlossen durch einen quadratischen, das Schiff nur wenig überragenden Turm. Durch hohe rechteckige Fenster mit Bleiverglasung fällt das Licht in die Kirche. Die Wände sind mit grünlicher und mit grauer Farbe getüncht. Lange Emporen ziehen sich an der Nord- und Südseite durch das ganze Schiff. Der Kanzelaltar steht an der Ostseite, ihm gegenüber auf der Empore die Orgel. Bis in die letzte Zeit blieb die Gemeinde am Bauen. In den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde eine Warmluftheizung eingebaut. Das Gestühl wurde umgebaut. Vor allem wurde eine neue pneumatische zweimanulige Orgel mit elektrischem Antrieb eingebaut. 

Pfarrer (insgesamt 24)

1601-1686 zehn Geistliche
1686-1730 Friedrich Stein
1730-1786 Gottfried Schumacher (+25.12.1786)
1894-1901 Wilhelm Depner
1904-1908 Gustav Liedtke
1909-1916 Ludwig Rosenow
1917-1925 Fritz Penschuck
1925-1930 Ernst Wenger
1931-1941 Oskar Foellmer, Superintendent
1943-1945 Ludwig Friedrich Theodor Eicke

Schulwesen

Zu den ein- und zweiklassigen Volksschulen kam eine private Mittelschule in Muldszen (Mulden) hinzu, die dem Lehrplan der Insterburger Oberrealschule angeglichen war.

Vereinsleben

Das Vereinsleben wurde mit dem Schützenverein, der Freiwilligen Feuerwehr und dem Sportverein (der in erster Linie Fußball betrieb) groß geschrieben und mit dem Jahrmarkt und dem Erntedankfest in Muldszen (Mulden) groß gefeiert, wobei der Ortsgendarm oft genug zu tun bekam.

Geschichte

Das Kirchspiel wurde 1601 gegründet. Die neue Pfarrstelle wurde vom Großen Kurfürsten mit Land dotiert. Daraus leitet sich das ursprünglich kurfürstliche, dann königliche und zuletzt staatliche Patronat ab. Bei der Gründung gehörten zum Kirchspiel:

Ilmsdorf mit 30 Hufen (eine altkulmische Hufe = 30 kulmische Morgen = 16,796 Hektar), Schönlinde mit 24 Hufen, Berszlack mit zehn Hufen, Gomischken mit elf Hufen 13 Morgen, Kiauken mit fünf Hufen 17 Morgen, Klein Astrawischken mit zwölf Hufen zwölf Morgen, Groß Astrawischken mit zwölf Hufen zwölf Morgen, Neu Astrawischken mit acht Hufen, Klein Gnie mit 20 Hufen, Werschen mit sieben Hufen 27 Morgen, Sokallen mit sechs Hufen drei Morgen, Jodeglienen mit zehn Hufen 17 Morgen, Budwischken mit vier Hufen drei Morgen, Muldszen mit 19 Hufen, Szemblonen mit neun Hufen sieben Morgen, Groß Potauern mit 16 Hufen sieben Morgen und Juganeusaß mit 20 Hufen. Dazu kam 1625 Petrineusaß mit 20 Hufen, so dass das Kirchspiel zu diesem Zeitpunkt 18 Ortschaften mit 241 Hufen und drei Morgen aufwies.

Von 1660 bis 1724 gehörte Harnowen im Kreis Wehlau mit zwei Hufen zum Kirchspiel, bevor es dem Kirchspiel Allenburg angeschlossen wurde. 1666 vergrößerte sich das Kirchspiel durch die Angliederung von Triaken, Kreis Insterburg, mit zwölf Hufen 28 Morgen, Stagutschen, Kreis Insterburg, mit sieben Hufen 13 Morgen und Kiehlendorf mit 16 Hufen. Schon vorher (1664) wurden Berschienen, Kreis Insterburg, mit zehn Hufen 14 Morgen, Klein Potauern mit acht Hufen, Kamputschen, Kreis Insterburg, mit zehn Hufen und Leputschen, Kreis Insterburg, mit elf Hufen dem Muldszener Kirchspiel angeschlossen. 1682 kam Escherwalde hinzu. Zu dieser Zeit umfasste das Kirchspiel schon etwa 340 Hufen. Es folgten in der nächsten Zeit Nubertshöfen mit acht Hufen, Schneiderin mit zwölf Hufen, 1697 Klein Paterischken mit sieben Hufen, 1700 Miggenthal mit zwei Hufen, 1704 Mauenfelde mit 22 Hufen und 1717 Gräbenswalde mit vier Hufen vier Morgen. Im Jahre 1717 hatte das Kirchspiel Muldszen wohl seine größte Ausdehnung. Es betrug knapp 490 Hufen. Im selben Jahr wurden Triaken, Stagutschen, Kamputschen und Leputschen dem Kirchspiel Jodlauken im Kreis Insterburg angegliedert. Im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts sind noch einige Veränderungen eingetreten, so zum Beispiel bei der Gründung des Kirchspiels Klein Gnie (1897), wobei die Gnie'schen Güter und die dazugehörigen Vorwerke abgetrennt wurden, doch blieb das Kirchspiel Muldszen bis zuletzt eines der größten Kirchspiele des Kreises Gerdauen.

[Quelle: Text von Kuno Lewin im Bildband Kreis Gerdauen, S. 389 f. und "Der Kreis Gerdauen" von Oskar-Wilhelm Bachor, S. 207 ff.]


Die Gemeinden des Kirchspiels

 

Gemeinde Astrawischken (Astrau)

Einwohner: 393 (17.05.1939)

Ortsteile:

Groß Astrawischken (Großastrau)
Neu Astrawischken (Neu Astrau)
Reimerischken (Reimershof)


Gemeinde Bokellen

Einwohner: 379 (17.05.1939)

Ortsteile:

Bokellen
Bokellen, Bahnhof
Klein Potauern


Gemeinde Groß Potauern

Einwohner: 205 (17.05.1939)

Ortsteile:

Gräbenswalde
Groß Potauern
Grüntann
Klein Astrawischken (Ilmengrund), Oberförsterei


Gemeinde Ilmsdorf

Einwohner: Bei der Volkszählung vom 17.05.1939 lebten in 77 Haushaltungen 322 Einwohner (davon 152 Männer).

Ortsteile:

Ilmsdorf


Gemeinde Juganeusaß (Odertal)

Einwohner: 145 (17.05.1939)

Ortsteile:

Juganeusaß (Odertal)


Gemeinde Kiehlendorf

Einwohner: 181 (17.05.1939)

Ortsteile:

Kiehlendorf
Peterehlen
Trenkensruh


Gemeinde Mauenfelde

Einwohner: 216 (17.05.1939)

Ortsteile:

Mauenfelde


Gemeinde Muldszen (Mulden)

Einwohner: 894 (17.05.1939)

Ortsteile:

Berszlack (Bärslack)
Escherswalde
Gomischken (Gomingen)
Kiauken (Kauken)
Kleinfeld
Lehmhöfel
Muldszen (Mulden)
Nubertshöfen
Pempienen (Hufenwald), Forsthaus
Rosenthal
Szemblonen (Schemblonen)


Gemeinde Petrineusaß

Einwohner: 139 (17.05.1939)

Ortsteile:

Petrineusaß


Gemeinde Schneiderin

Einwohner: 285 (17.05.1939)

Ortsteile:

Eberswalde
Mauenwalde
Miggenthal
Schneiderin


Gemeinde Schönlinde

Einwohner: 488 (17.05.1939)

Ortsteile:

Budwischken (Oberndorf)
Jodeglienen (Wiedenau)
Schönlinde


Gemeinde Werschen

Einwohner: 191 (17.05.1939)

Ortsteile:

Sokallen
Werschen


Kontaktadressen des zuständigen Kirchspielvertreters

 

  • Dietmar Hoffmann, Peiner Weg 23, 25421 Pinneberg, Telefon (0 41 01) 2 23 53, Telefax (0 32 22) 4 00 58 27, E-Mail: kspmuldszen(at)kreis-gerdauen.de